Staatsschulden für Konsum? Ja, bitte!
Linke liegen falsch, wenn sie Schulden nur für Schienen und Solarpaneele begrüßen, aber für Lehrer, Forscher und Rentner ablehnen. Ein strategischer Fehler mit schiefer ökonomischer Grundlage!
Staatsschulden? Igitt! Ganz was Schlimmes. Eine Zumutung für die kommende Generation. Die muss den Rucksack voller Schulden dann ja schultern! So zumindest die Einstellung von Wirtschaftsliberalen und Konservativen. Der Staat solle sich zurücknehmen und innerhalb seiner „finanziellen Grenzen“ leben. Außer natürlich, es ist grad Wirtschaftskrise. Dann - aber auch nur dann - sind Schulden übergangsweise okay.
So weit, so bekannt die Position. Doch wie stellen sich Progressive auf? Schaut man sich das an, muss man leider zu einem ernüchternden Urteil kommen. Auch Sozialdemokraten, Grüne und Linke hängen am Tropf der neoliberalen Mythen – vermutlich ohne es zu wollen und auch ohne es zu merken.
Schulden? Nur für Investitionen!
Ja, auch auf progressiver Seite findet man Staatsschulden erst mal grundsätzlich nicht so dolle. Allerdings wägen Progressive etwas stärker ab, wofür die Schulden gemacht werden, wofür es also in Ordnung ist, der nächsten Generation den Rucksack voller Kredite umzuhängen und sie damit zu belasten. Das Ergebnis dieser Abwägung: Wenn nicht gerade Wirtschaftskrise ist, ist Schuldenmachen nur für einen Zweck in Ordnung. Und zwar für öffentliche Investitionen. Der Rest möge aus laufenden Steuereinnahmen bezahlt werden, heißt es dann.
Denn im Gegensatz zu Konsumausgaben (etwa Sozialleistungen oder Personalausgaben) können sich öffentliche Investitionen finanziell rentieren (heißt: neue Einnahmen generieren) und neue Vermögenswerte für den Staat schaffen. Wenn der Staat Schulden macht, um eine Schule zu bauen, hat er danach zwar weniger Geld, aber immerhin eine Schule. Und weil die auch noch von der nächsten Generation genutzt wird, sei es auch okay, dass nicht nur die heutigen Steuerzahler dafür bezahlen. Häufig kommt dann so eine Floskel wie: „Was langfristig wirkt, muss auch langfristig finanziert werden“.
Außerdem sind die Zinsen ja gerade so niedrig! Da sollte der Staat jetzt unbedingt günstig zuschlagen, bevor die Zinsen wieder steigen. Das würde jedes Unternehmen doch genau so machen, oder? Wer dann noch ein bisschen Keynes-Grundwissen auf der Schippe hat, fügt hinzu, dass die öffentlichen Investitionen ja auch die Wirtschaft ankurbeln und sie sogar produktiver machen.
So progressiv das alles auf den ersten Anschein klingen mag, so rückschrittlich und schädlich ist die Argumentation eigentlich. Sie ist im Kern neoliberal, verstärkt konservatives Framing und zeugt von falschem Verständnis darüber, wie Staatsfinanzierung funktioniert. Das will ich ausführlich erklären.
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