

Discover more from Geld für die Welt
Hauskäufe gerecht besteuern: Was Deutschland von Großbritannien lernen kann
Lindner will Eigenheimkäufer von der Grunderwerbsteuer befreien. Gerechter wäre, die Steuer gleichzeitig für Bonzen und Investoren zu erhöhen.
Jeder zweite Deutsche hat ein Eigenheim. EU-weit sind es knapp 70 Prozent. Finanzminister Lindner stört der Vergleich, er will Deutschland nach vorne bringen und zur »Eigentümernation« machen. Nur wie?
Immer weniger Deutsche können sich Wohneigentum leisten. Die unteren 40 Prozent haben kaum nennenswerte Ersparnisse, für die ist an einen Hauskauf gar nicht zu denken. Aber selbst für Facharbeiter und leitende Angestellte rückt der Traum vom Eigenheim immer weiter in die Ferne.
In den letzten 10 Jahren haben sich die Hauspreise grob verdoppelt, die Löhne aber nicht. Seit letztem Jahr steigen zudem die Zinsen und die Preise für Baumaterialien. Bauen und Kaufen ist teurer geworden. Im Schnitt steuerten Eigennutzer letztes Jahr rund 140.000 Euro Eigenkapital zum Hausbau oder -kauf bei, im Jahr davor waren es noch 111.000 Euro, wie Zahlen des Baufinanzierungsvermittlers Hüttig & Rompf zeigen.
Diese Steuer frisst das Eigenkapital
Das Eigenkapital ist die höchste Hürde zum Eigenheim. Bitter deshalb, dass es eine Steuer gibt, die das Eigenkapital auch noch anfrisst: die Grunderwerbsteuer. Je nach Bundesland werden zwischen 3,5 und 6,5 Prozent an Steuern auf den Kaufpreis fällig. Da liegt man schnell bei fünfstelligen Summen, die zusätzlich zum Eigenkapital berappt werden müssen.
Bis 2006 galt bundesweit noch ein einheitlicher Satz von 3,5 Prozent. Seitdem dürfen die Länder den Steuersatz selber wählen. Bis auf Bayern und Sachsen haben alle Länder den Steuersatz angehoben, um ihre Kassen zu füllen. Die Steuereinnahmen haben sich seit 2006 von knapp fünf auf fast 20 Milliarden vervierfacht – zulasten der Käufer.
Übrigens: Investoren und Konzerne, die im großen Stil in Immobilien investieren, können die Steuer mit sogenannten Share-Deals umgehen. Rund 150.000 Wohnungen wurden so fast steuerfrei in den letzten drei Jahren übertragen. Der Trick: Bei einem Share-Deal werden Immobilien in einem Unternehmen gebündelt und der Käufer kauft nicht die Immobilien selbst, sondern die Anteile (Shares) an dem Unternehmen. Da das nicht als Immobilienkauf im eigentlichen Sinn gilt, fällt die Grunderwerbsteuer weg.
Freibeträge für Eigennutzer
Christian Lindner will deshalb ran an die Steuer. Problem: Er selbst kann gar nicht so viel machen, weil es eine Ländersteuer ist. Vorschläge macht er aber trotzdem. »Wenn es nach mir geht, sollte die Grunderwerbsteuer für selbstgenutzten Wohnraum in den Ländern auf null gesenkt werden“, so Lindner.
»Den Ottonormalos zu helfen, ist zwar nötig; den Bonzen und Investoren zu helfen, aber unnötig, vielleicht sogar schädlich.«
Und auch im Koalitionsvertrag hat sich die Ampel auf eine Reform verständigt. Dort heißt es: »Wir wollen den Ländern eine flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer z. B. durch einen Freibetrag ermöglichen, um den Erwerb selbst genutzten Wohneigentums zu erleichtern.«
Auch die CDU ist dafür, hat deshalb vor einem Jahr im Bundestag den Antrag mit dem Titel »Den Traum von den eigenen vier Wänden ermöglichen« gestellt. Die Forderung: Den Ländern zu ermöglichen, beim Ersterwerb von selbstgenutztem Wohneigentum einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer von 250.000 Euro pro Erwachsenen und 150.000 Euro pro Kind einzuführen.
Was ist davon zu halten? Nun, solche Freibeträge helfen sowohl der Mittelstandsfamilie als auch dem Villa-Bonzen. Beide würden auf die Freibeträge schließlich keinen Cent Steuern zahlen. Den Ottonormalos zu helfen, ist zwar nötig; den Bonzen und Investoren zu helfen, aber unnötig, vielleicht sogar schädlich. Denn je günstiger der Hauskauf für Investoren, desto größer die Konkurrenz für Eigennutzer aus dem Mittelstand. Wer Deutschland zur »Eigentümernation« machen will, muss sich mit den Spekulanten und Großbesitzern anlegen, anders geht es nicht.
Wer mehr kauft, sollte auch mehr zahlen
Wenn man die Steuer schon anfasst, dann doch bitte auch richtig. Die Grunderwerbsteuer ist prädestiniert dafür, eine progressive Steuer zu werden. Sprich: Je teurer der Kauf, desto höher der Steuersatz. Bonzen und Investoren würden dann für Millionenkäufe oder Anlageobjekte mehr bezahlen, Mittelstandfamilien und Ottonormalos für Eigenheime weniger.
Das ist nicht nur ein Hebel, um die Schere zwischen Mitte und Oben zu schließen; sondern auch, um Häuser nicht zum Spekulationsobjekt werden zu lassen. Wenn der Steuersatz steigt, je mehr und je teurere Grundstücke und Häuser man besitzt, desto unattraktiver werden die Auswüchse nach oben.
Profitieren würden übrigens auch kleinere Landwirtschaftsbetriebe, denen große Investoren die Felder wegkaufen. Und natürlich profitierten auch die Haushalte der Ländern, weil höhere Steuersätze für Villen und Investoren die Einnahmeausfälle durch die Freibeträge wettmachen. Immerhin haben die Länder ja noch eine strengere Schuldenbremse als der Bund, können also auf Einnahmen nicht so leicht verzichten, ohne woanders kürzen zu müssen.
Abschauen könnte sich die Ampel das bei anderen Ländern, etwa Großbritannien. Dort gilt bei der Grunderwerbsteuer, die dort »stamp duty« heißt, ein progressiver Stufentarif. Wer Eigentum bis zu 250.000 Pfund kauft, zahlt die Steuer nicht; wer teurere Grundstücke oder Immobilien kauft, zahlt zwischen fünf und zwölf Prozent. Vermögende und Investoren werden also stärker zur Kasse gebeten als Eigenheimbesitzer.
Also: Aus der Grunderwerbsteuer lässt sich also eine Vermögen- und Spekulationsteuer durch die Hintertür machen. Das ist einfacher als eine ganz neue Steuer einzuführen, braucht nicht viel Bürokratie und dürfte durchaus populär sein, weil die Mehrheit gleichzeitig entlastet würde.
Hauskäufe gerecht besteuern: Was Deutschland von Großbritannien lernen kann
Sachsen hat seit 2023 auch auf 5,5% erhöht…fyi
Man könnte die Steuer bei Selbstnutzung der Wohnung oder des Eigenheims in angemessener Höhe auch "stunden", welche erst dann fällig wird, sobald entsprechender finanzieller Freiraum vorhanden ist.
Es bedarf aber noch mehr Maßnahmen, um Menschen den Traum vom Eifenheim verwirklichen zu lassen. Dabei ist es schon ein Unding, hier von einem Traum sorechen zu müssen.
Denn an der Produktivkraftentwicklung liegt es nicht, sondern an gesellschaftlicher Fehlorganisation, dass es in heutigen Zeiten Wohnungsnot gibt.
Der Wohnmarkt ist schon lange Spekulationsobjekt mit dem Resultat, dass immer mehr Menschen Angst davor haben, nicht mehr angemessen wohnen zu können.
Es gibt ja nicht umsonst die Instrumente mezzaniner Finanzierungsformen, welche - konsequent ausgebaut - so manches Nadelöhr des Rendite-Kalküls hinreichend weiten würde, um doch noch "Träume" Realität werden zu lassen.
Und wenn man noch die MMT-Möglichkeiten dazu nimmt, ließe sich einiges bewirken.
Übrigens kommt es vor allem auf die Verwendung an, ob neugeschaffenes Geld inflarionär wirkt oder nicht.
Aich hier könnte man über die Spreizung der Kreditsätze Sinnvolles gestalten.